Dresden, 20. Juni 2023 – Nach drei erfolgreichen E-Rezept Summits in den Jahren 2021 und 2022 mit jeweils über 1.000 digitalen Teilnehmer:innen bereiteten scanacs und Inno3 dem elektronischen Rezept und der Digitalisierung des Gesundheitssystems am 20. Juni 2023 erneut eine Bühne: Erstmals live vor Ort im Alten Pumpenhaus an der Marienbrücke in Dresden und digital via gebührenfreiem Livestream. Gemeinsam mit rund 130 Gästen vor Ort und über 600 virtuell Teilnehmenden im Livestream diskutierten mehr als 20 Expert:innen das „E-Rezept heute, vernetzt und morgen“.
Das war der 4. E-Rezept Summit am 20. Juni 2023
Rückblick: Zusammenfassung, Präsentationsfolien & einzelne Mitschnitte
Grußworte und Keynote
Speaker:innen:
- Frank Böhme (Gründer und Geschäftsführer, scanacs GmbH)
- Martin Blaschka (Head of Events, INNO3)
- Sebastian Zilch (Unterabteilungsleiter 52 gematik, Telematikinfrastruktur, eHealth, BMG)
- Dr. med. Markus Leyck Dieken (CEO, gematik)
Frank Böhme, als Geschäftsführer der scanacs GmbH und Initiator des E-Rezept Summits, begrüßte die rund 130 Gäste vor Ort sowie die über 600 Teilnehmer:innen im Livestream mit den Worten, er blicke „deutlich optimistischer in die Zukunft als zu Beginn“. Damals erwartete man, das E-Rezept könne zum 1. Januar 2022 verpflichtend im deutschen Gesundheitssystem eingeführt werden, was sich als zu optimistische Prognose herausstellte. Die Verschiebung des Einführungstermins um zwei Jahre bezeichnete Böhme als „richtig, denn damals waren viele Anbieter noch nicht bereit“. Inzwischen hätten „Menschen aus den unterschiedlichsten Institutionen im Gesundheitswesen“ zusammengefunden, „die die Überzeugung teilen, dass Digitalisierung ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist, die anstehenden Herausforderungen wie beispielsweise den demografischen Wandel zu lösen und dem Kundennutzen gerecht zu werden“. Die Entwicklung verdeutliche, so Böhme, dass es für eine nachhaltige Veränderung im Gesundheitswesen nicht nur auf Gesetze, sondern vor allem auf die Menschen ankomme.
Martin Blaschka aus der Geschäftsleitung des Mitveranstalters Inno3 blickte kurz zurück auf die bisherigen gemeinsamen E-Rezept-Veranstaltungen, deren Resonanz alle Erwartungen weit übertroffen hatte. Er hoffe, dass auch vom aktuellen E-Rezept Summit „wieder ein Impuls“ ausgehe, so Blaschka. Ausdrücklich ermutigte er die Teilnehmer:innen, die Diskussionen nach außen zu tragen. Es gehe darum, „Reichweite für dieses wichtige Thema und die Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems“ zu schaffen.
Optimismus verbreitete Sebastian Zilch, Leiter der Abteilung e-Health im Bundesministerium für Gesundheit, in seinem Grußwort: „Das E-Rezept funktioniert. Und es wird bereits eingesetzt.“ Es seien wichtige Fortschritte gemacht worden, um Verbesserungen vorzunehmen und die technische Funktionalität sicherzustellen. Zilch nannte als Beispiel die Einführung der eGK-Stecklösung ab Juli 2023, die einen neuen Weg zur Einlösung des E-Rezepts in Apotheken ermöglicht, ohne dass ein Ausdruck oder eine App benötigt wird. Die App spiele dennoch weiterhin eine wichtige Rolle, weil sie zusätzliche Funktionen wie Botendienste, Medikamentenübersicht und digitales Feedback bieten könne. Auch auf den Ausdruck des E-Rezepts in der Apotheke könne vorläufig nicht verzichtet werden, so Zilch, denn „Prozesse sind nicht einfach von heute auf morgen zu verändern“. Abschließend betont er, das E-Rezept sei eine Grundkomponente der Versorgung, die für Medikationsinformationen und Medikationsmanagement wichtige Mehrwerte bieten könne.
In seiner Videobotschaft gibt auch Dr. Markus Leyck Dieken, Geschäftsführer der gematik GmbH, eine optimistische Prognose. Inzwischen seien schon zwei Millionen E-Rezepte eingelöst worden, und in verschiedenen Praxen gehöre das E-Rezept „mittlerweile sogar zur Versorgungsroutine“. Jetzt gehe es darum, sich auf die drei bereits beschriebenen Einlösewege vorzubereiten, wobei gerade die eGK-Stecklösung sehr stark in den Fokus zu nehmen sei. Die gematik stelle dazu den Beteiligten verschiedene Materialien einschließlich Testrezepten, Checklisten und Infoflyern zur Verfügung, um den Ablauf zu erproben. Für die zweite Jahreshälfte prognostizierte Leyck Dieken einen technischen Hochlauf des E-Rezepts in Deutschland, um sich auf seine bundesweite Ausweitung Anfang 2024 vorzubereiten. Er sei sehr zuversichtlich, denn der „europäische Blick“ zeige, dass „die Fern-Entgegennahme von E-Rezepten, die mit der eGK-Lösung möglich wird, rasch in der Bevölkerung angenommen werden wird.“
Als Gründer und Geschäftsführer von scanacs verfolgt Frank Böhme die Vision von einem Gesundheitswesen, in dem Informationen in Echtzeit und in einer Form verfügbar sind, welche die Entscheidungsfindung maximal beschleunigt. Gemeinsam mit seinem rund 30-köpfigen Team entwickelt er dafür seit 2016 innovative IT-Lösungen zur Verordnungsprüfung in Echtzeit sowie zur Direktabrechnung von Arzneimitteln.
Seit dem 1. Juli 2019 ist Dr. med. Markus Leyck Diecken der Alleingeschäftsführer der gematik. Der Internist und Notfallmediziner hat siebenjährige klinische Berufserfahrung in Deutschland und Brasilien. Außerdem leitete er unter anderem Change-Management-Prozesse als Manager in der Pharmabranche und gilt als IT-Spezialist. Er ist Mitglied in verschiedenen Fachgesellschaften wie beispielsweise der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin DGIM, dem Bund Deutscher Internisten und der Deutschen Diabetes Gesellschaft DDG sowie Autor von Publikationen.
Panel 1: Das E-Rezept heute
Impulsvortrag:
- Dr. Christian Flössner (Gründer SaXonia Apotheke, Dresden)
Moderation:
- Frank Böhme (Gründer und Geschäftsführer, scanacs GmbH)
Speaker:innen:
- Jakob Scholz (stellv. GB-Leiter IT & Digital Health, Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe)
- Hannes Neumann (Produktmanager, gematik GmbH)
- Moritz Eckert (Facharzt für Allgemeinmedizin, Praxis Eckert I Poppe)
- Daniela Hänel (Vorsitzende, Freie Apothekerschaft e.V.)
- Stefan Schellberg (Geschäftsführer Unternehmenssteuerung und Chief Digital Officer, IKK classic)
Den Impulsvortrag für das Panel 1 übernahm Dr. Christian Flössner, Gründer der SaXonia Apotheke in Dresden. Er ging von einer stetig steigenden Anzahl der E-Rezepte aus und verglich die bevorstehenden Veränderungen mit dem Aufstieg von Amazon während des ersten Lockdowns. Die Patienten werden als Entscheider fungieren, wenn es um den Bezug von Medikamenten geht. Wenn sie einmal einen bestimmten Weg getestet haben und dieser gut funktioniert hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie ihn erneut wählen. „Die Versandhändler werden in dramatischer Weise unterwegs sein und versuchen, die Patienten auf diesem Weg zu bedienen“, warnt Flössner.
Die Gefahr bestünde, dass Apotheken bei wiederholten und regelmäßigen Verschreibungen, wie etwa Dauerverordnungen, Kunden verlieren könnten, wenn sie nicht auf den E-Rezept-Trend aufspringen. Vor-Ort-Apotheken könnten einen Service bieten, den Online-Versandhändler nicht bieten könnten: Same-day-Delivery, also die Lieferung am selben Tag. Diesen Vorteil empfiehlt er stärker zu nutzen, um die Kundenbindung zu festigen. So regte Flössner an, eine Versanderlaubnis zu beantragen, um auch außerhalb des gewohnten Bereichs liefern zu können oder einen Abholservice rund um die Uhr zu ermöglichen, um den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden.
Es sei wichtig, eine Kommunikationsbasis zu schaffen und den Kunden zu zeigen, wie praktisch der Weg zur Apotheke sein kann. „Mit den digitalen Impfzertifikaten haben wir doch auch nichts anderes gemacht“, so Flössner. Vielfach hätten die Apotheken den Kunden geholfen, die entsprechenden Apps zu installieren und zu nutzen. Er forderte seine Kolleginnen und Kollegen auf, sich auf den Wandel vorzubereiten: „Besser, Sie machen es ungefähr richtig, als haargenau falsch. Und haargenau falsch wäre, nichts zu machen.“
Danach diskutierten Leistungserbringer, Kostenträger sowie Entwickler über das Thema „Das E-Rezept heute“, moderiert von scanacs-Geschäftsführer Frank Böhme. „Im Juli geht es wirklich los“, eröffnete Hannes Neumann von der gematik GmbH zuversichtlich das Gespräch. Alle neuen Fachdienste der Krankenkassen, die für das E-Rezept ertüchtigt werden müssten, seien derzeit im Zulassungstest, einige hätten ihn bereits bestanden. Zudem gebe es positive Signale mehrerer, auch großer Hersteller von Apothekensystemen zur Vorbereitung der Einführung des E-Rezepts mit Software-Updates. „Bis Ende Juli werden 80 Prozent der Apotheken bundesweit ausgestattet sein, die restlichen 20 Prozent folgen im Lauf des dritten Quartals“, erklärte Neumann.
Der gematik-Produktmanager berichtete über eine Veranstaltung der Landesapotheken- und der Landesärztekammer Baden-Württemberg, um den Ärztinnen und Ärzten sowie den Apothekerinnen und Apothekern die Möglichkeiten des E-Rezepts näher zu bringen und wichtige Informationen zur Anwendung zu vermitteln. Erstmalig kann in einem Showroom zur Digitalisierung der komplette Prozess des E-Rezepts, von der Ausstellung in der Arztpraxis bis hin zur Einlösung und Ausgabe in der Apotheke dargestellt werden. „Da konnten wir erläutern“, sagte Neumann, „wie das System sowohl über die App, als auch über den wichtigen Weg der eGK-Stecklösung in einer Warenwirtschaft funktioniert.“
Jakob Scholz, stellvertretender Leiter IT & Digital Health der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, ergänzte, seine Organisation werde ab dem 3. Juli das System ebenfalls in Zusammenarbeit mit dem Apothekerverband mit ausgewählten Clustern testen. Im Rahmen des Rollouts habe man bereits viele Erfahrungen gesammelt über den „Organismus Rezept“, sagte Scholz. „Damit meine ich, den Prozess in der Praxis beim Erstellen eines E-Rezepts, den Übertragungsweg und über die Prozesse in den Apotheken.“ Die Umsetzungszeiträume hielt er für zu knapp bemessen. Dennoch stimme ihn die Zusammenarbeit mit Apotheken, Softwareherstellern sowie der gematik optimistisch, dass der Prozess künftig „auch in der Fläche“ funktioniere. „Wir sorgen gemeinsam dafür, dass das System besser wird“, erklärte Scholz.
Hannes Neumann verwies darauf, dass die eGK-Stecklösung zum Schlüsselfaktor für die Einführung des E-Rezepts werden könne, um Vorbehalte bei den Beteiligten zu umgehen.
„Die eGK-Stecklösung ist der Gamechanger“, bestätigte auch Arzt Moritz Eckert, „es ist widersinnig, Papier auszudrucken.“ Der Vorteil im Alltag stelle sich erst heraus, wenn das umständliche Handling entfalle. Er hat bisher nach eigenen Angaben „20.000 bis 25.000, also etwa ein Prozent aller bisherigen E-Rezepte“ in seiner Praxis ausgestellt. Leider sei die App nicht in gewünschter Weise verfügbar, klagte Eckert, der dafür im Wesentlichen die Krankenkassen verantwortlich machte: „Die Patienten bekommen ihre PIN nicht, selbst wenn sie motiviert sind.“ Die wesentliche Erleichterung für den Praxisbetrieb und Patientinnen und Patienten sieht er in der papierlosen Übertragung in die Apotheken.
Technisch seien die Apotheken gerüstet, versicherte Daniela Hänel, die Vorsitzende der Freien Apothekerschaft e. V.: „Wenn es läuft, ist es super“. Das Problem sah die Apothekerin aus Zwickau eher in der ordnungsgemäßen Ausstellung der E-Rezepte, beispielsweise durch die Verwendung von Freitexten. „Ich hatte bisher elf E-Rezepte, und von denen konnte ich drei problemlos abrechnen“, so ihre Bilanz. Die restlichen acht seien so fehlerbehaftet gewesen, dass sie nur über Muster 16 abgerechnet werden konnten, was einen erheblichen Arbeits- und Zeitaufwand bedeutet hätte. Bei einer größeren Anzahl von hunderten von Rezepten täglich sei das den Apothekerinnen und Apothekern nicht zumutbar. „Wir können das nicht vorfinanzieren“, sagte Hänel. „Apotheken sind keine Bank.“ Zudem müsse man die Rahmenbedingungen im Auge behalten. Im Umfeld ihrer Apotheke seien sehr viele ältere Ärzte tätig, „und die werden sich damit nicht mehr befassen.“
Stefan Schellberg, Geschäftsführer Unternehmenssteuerung und Chief Digital Officer der IKK classic, berichtete, bei rund drei Millionen Versicherten seiner Krankenkasse seien bislang nur 10.000 E-Rezepte eingegangen. „Wir stehen erst am Anfang dieser großen Veränderung“ mahnt Schellberg, „aber alle geben ihr Bestes.“ Nötig seien Schulung und Kompetenzvermittlung für alle Beteiligten. „Auf die disruptive Wirkung der Digitalisierung müssen wir uns alle einstellen“, mahnte Schellberg. Auch die Krankenkassen würden ihren Beitrag dazu leisten, insbesondere bei der Aufklärung der Versicherten. Sie seien sich in der Mehrzahl einig, dies sei der richtige Weg, um den gesamten Prozess zu beschleunigen.
Daniela Hänel forderte Unterstützung von den Krankenkassen, um Patienten mit den Abläufen vertraut zu machen. „Versuchen Sie mal, einem 75-Jährigen zu erklären, wie das E-Rezept aufs Handy kommt“, sagte sie ironisch. Viele Ältere könnten mit Begriffen wie App oder Token nichts anfangen. Die Zeit, die sie damit verbringe, sei für andere Tätigkeiten verloren. Das hätten bereits die Erfahrungen mit den digitalen Impfzertifikaten gezeigt. „Ich mache das gern“, betonte sie, „aber mir fehlen an der Stelle die Einnahmen.“ Dies gelte auch für Ärzte. Ihr fehle der Zusammenschluss mit den gesetzlichen Krankenkassen.
Das Thema digitale Kompetenz beträfe Arztinnen und Ärzte, Patientinnen und Patienten gleichermaßen, meinte Stefan Schellberg. Es gebe Budgets für Schulungen und Kommunikationsmaterial, aber wichtiger sei, die Beteiligten zu überzeugen, dass die Systeme funktionierten und einen Mehrwert für sie brächten. „Wir sprechen über die zukünftige Medikationsliste“, erklärte er, „wir sprechen auch über die Pflegeheimversorgung, bei der das E-Rezept künftig einen großen Mehrwert erzeugen wird, zumal wenn es noch von KIM flankiert wird.“ Man müsse im Großen und Ganzen überzeugen, dass das E-Rezept Sinn macht, „nur dann bekommen wir die Ärzte, die Apotheker und irgendwann auch die Patienten dazu, es anzunehmen.“
Hannes Neumann verwies in dem Zusammenhang auf Kommunikationspakete der gematik, die für Krankenkassen, Ärzte- und Apothekerverbände zur Verfügung stünden. Das alles trage zum Abbau von Berührungsängsten bei.
Zum Abschluss bat Moderator Frank Böhme die Teilnehmer des Panels um eine Einschätzung, wie hoch denn die E-Rezept-Quote zum 31. Dezember 2024 sein werde. Die Prognosen bewegten sich zwischen „unter zehn Prozent“ und „über 50 Prozent“ aller Verordnungen. Einig waren sich die Diskutanten, dass das E-Rezept nur durch gemeinsame Anstrengungen aller Leistungserbringer erfolgreich sein könne, „weil wir alle ein- und dieselbe Person bedienen“, wie Stefan Schellberg erklärte, „nur heißt sie beim einen ‚Patient‘, beim anderen ‚Kunde‘ und beim Dritten ‚Versicherter‘.
Daniela Hänel ist Apothekerin und seit Juli 2021 erste Vorsitzende des Vereins der Freien Apothekerschaft. Sie setzt sich für Bürokratieabbau sowie Digitalisierung ein und macht sich stark für eine bessere Honorierung aller pharmazeutischen Leistungen. Ihr liegt es am Herzen, die Apotheken vor Ort als attraktiven Leistungserbringer im Gesundheitswesen zu erhalten.
Stefan Schellberg ist Chief Digital Officer und Leiter Unternehmensbereich Infrastruktur und IT bei der IKK classic sowie Vorsitzender des Technischen Ausschusses und stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates bei BITMARCK.
Hannes Neumann ist seit 2013 bei der gematik GmbH tätig und hat die Konzeption des E-Rezeptes und der gematik App vorangetrieben. Er informiert über die digitalen Prozesse und ordnet die Zusammenhänge entlang der Prozesskette ein.
Der gelernte Medizininformatiker ist stellvertretender Geschäftsbereichsleiter IT & Digital Health bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Er verantwortet die Projekte zur Unterstützung der Digitalisierung von Praxen und den Rollout des E-Rezepts in Westfalen-Lippe. Darüber hinaus ist er Vorstandsmitglied des Vereins Elektronische Fallakte sowie Vorsitzender des „Fachforums Telematik“ des Zentrums für Telematik und Telemedizin (ZTG GmbH).
Seit 2017 führt Moritz Eckert, Facharzt für Allgemeinmedizin, eine Praxisgemeinschaft im Harz. Als Test- und Entwicklungspraxis ist er für seine genossenschaftliche Praxissoftware schon frühzeitig an der Implementierung von neuen Entwicklungen beteiligt. Gelegentlich schreibt er in der Verbandszeitschrift „Der Hausarzt“ Artikel zu den Themen Praxisorganisation, Abrechnung und Digitalisierung in der Praxis.
Als Gründer und Geschäftsführer von scanacs verfolgt Frank Böhme die Vision von einem Gesundheitswesen, in dem Informationen in Echtzeit und in einer Form verfügbar sind, welche die Entscheidungsfindung maximal beschleunigt. Gemeinsam mit seinem rund 30-köpfigen Team entwickelt er dafür seit 2016 innovative IT-Lösungen zur Verordnungsprüfung in Echtzeit sowie zur Direktabrechnung von Arzneimitteln.
Panel 2 – Das E-Rezept vernetzt
Moderation:
- Ilka Dekan (CEO, INNO3)
Speaker:innen:
- Janine Peine (Steuerberaterin, Fachberaterin für Gesundheitswesen (IBG/HS Bremerhaven), Leitung – ETL ADVISION)
- Carmen Brünig (Steuerberater, Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.), Branchenleitung Apotheken – ETL ADVISION)
- Mark Langguth (Unternehmensberater und eHealth Experte, Langguth.digital)
- Marcel Weigand (Leiter Kooperationen und digitale Transformation – UPD, freier Berater und Digitalexperte)
- Britta Marquardt (Assessorin, Bundesverband Pharmazeutische Industrie e.V.)
Moderiert von Ilka Dekan, Geschäftsführerin der iNNO3 GmbH, diskutierten Vertreterinnen und Vertreter von Verbänden, Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen über das Thema „Das E-Rezept vernetzt.“
Noch sei „ja gar nichts vernetzt“, dämpfte Marcel Weigand, Digitalexperte bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD), gleich zu Beginn die Erwartungen. Er erinnerte daran, dass im Jahr 2001 eine geringere Fehlerquote bei der Medikation der Ausgangspunkt für die Digitalisierung gewesen sei. „Das bewahrheitet sich mit dem E-Rezept noch nicht“, kritisierte er. Aktuell gebe es vier verschiedene gematik-Anwendungen rund um die Medikation, „die alle nicht miteinander sprechen“. Der größte Nutzen des E-Rezepts für die Versicherten bestünde darin, dass sie vorab in der Apotheke die Verfügbarkeit eines bestimmten Medikaments abfragen könnten. Immerhin sei nun in dem neuen Digital-Gesetz festgelegt, dass die E-Rezept-Funktionalitäten Bestandteile der elektronischen Patientenakte (ePA) seien. Auch die vorgesehene „opt out“-Funktion begrüßte er. „Das ist alles ein Schritt in Richtung Vernetzung“, sagte Weigand, „aber noch lange nicht so konsequent wie in Skandinavien, wo inzwischen die gesamte Versorgungskette digitalisiert ist.“ Bei eindeutigen Indikationen, wie etwa einer Blasenentzündung, könnten Patienten ihre Symptome eingeben. Diese würden dann online vom Arzt überprüft, der das E-Rezept in die Apotheke schickt. „Das ist für uns noch Science Fiction.“
Janine Peine, Steuerberaterin und Fachberaterin Gesundheitswesen bei ETL ADVISION, berichtete, die Vorteile des E-Rezepts seien großen Teilen der Bevölkerung noch nicht bewusst. Das habe eine Studie ihres Instituts gezeigt. Unter den Befragten, die bereits vom E-Rezept gehört hatten, gaben 60 Prozent an, sie hätten keine konkrete Vorstellung, was auf sie zukommt. Carmen Brünig von ETL ADVISION erwartete durch das E-Rezept eine größere Transparenz der Prozesse, von der Verordnung in der Praxis bis hin zur Direktabrechnung in der Apotheke. „Das geht direkt bis in die Buchhaltung“, gab die Steuerberaterin und Apothekenexpertin zu bedenken, „und die ist immer im Auge der Finanzverwaltung.“ Die „Datenreise“ eines E-Rezepts müsse lückenlos nachvollziehbar sein, entsprechende Verfahrensdokumentationen würden bei Betriebsprüfungen eingefordert. Diese Dokumentation sei aber nur so gut wie das interne Kontrollsystem, das die Prozesse laufend überprüfe.
Mark Langguth berichtete, als Unternehmensberater und eHealth-Experte sei er es gewohnt, Prozesse „von Ende zu Ende“ zu analysieren. „Genau das aber wurde beim E-Rezept nicht gemacht.“ Das könne auch daran liegen, scherzte Langguth, „dass das E-Rezept als Elektrifizierung einer Papierurkunde begann“. Der Gesamtprozess sei aber nicht berücksichtigt worden. Er räumte ein, eine Errungenschaft des E-Rezepts sei die Möglichkeit, Folgerezepte, die rund 70 Prozent aller Verordnungen ausmachten, ohne Arztbesuche auszustellen. Der bisherige zeitaufwendige Prozess könne durch Digitalisierung bedeutend vereinfacht werden. Nötig sei allerdings ein genormtes Verfahren wie im britischen NHS, damit nicht jeder Hersteller von Apothekensystemen mit eigenen Lösungen auf den Markt komme, was bei Ärzten und Patienten für Verwirrung sorgen könne. „Wir wollen unterschiedliche Innovationen und Ausgestaltungen des User Interface“, sagte Langguth, „aber technisch muss es durchgängig sein.“
Allerdings reiche dieser Mehrwert des E-Rezepts „bei weitem“ nicht aus. Seine Erwartungshaltung an das System wäre beispielsweise, dass es für Apotheker keine Retax-Risiken mehr gäbe. „Es ist ein vollständig digitaler Prozess, denn durch Direktabrechnung erfährt der Apotheker sofort, ob er sein Geld bekommt oder nicht.“ Nur könne das E-Rezept im Problemfall nicht zum Arzt zurückgeschickt werden. Das sei ein Fehler im System. Auch als Basis für die Medikationstherapie tauge das E-Rezept nur bedingt, weil die Dosierangabe meistens gar nicht oder nicht hinreichend befüllt sei. Langguth regte eine Ideenliste aller Beteiligten im Gesundheitswesen an, in der die Bedürfnisse an das E-Rezept zusammengefasst und abgearbeitet werden könnten.
Auch Britta Marquardt vom Bundesverband Pharmazeutische Industrie e. V. betonte den Mehrwert für chronisch kranke Menschen. Folgeverordnungen könnten einfacher ausgestellt werden, die Patienten müssten nicht mehr zum Arzt gehen. „Das bedeutet einerseits eine Zeitersparnis, andererseits können wir damit dem Fachkräftemangel in Arztpraxen und Apotheken begegnen.“ Ihr Verband habe sehr gute Erfahrungen mit der gematik gemacht; so sei beispielsweise das grüne Rezept für Selbstzahler berücksichtigt worden. „Es wird eingebettet in die Infrastruktur und ein Systembruch vermieden.“ Insgesamt erwartete sie Vorteile für die Versorgung älterer Menschen und Patienten im ländlichen Bereich. „Voraussetzung ist“, sagte Marquardt, „dass die freie Arzt- und Apothekenwahl erhalten bleibt.“
Die Bereitschaft bei Leistungserbringern und Patienten, das E-Rezept zu nutzen, liege bei „70 oder 80 Prozent“, berichtete Mark Langguth, „aber nicht einmal ein Prozent tun es.“ Die Gründe für diese Lücke sah er in einer „unkoordinierten und unsystematischen Kommunikation“ aller Beteiligten im Gesundheitssystem. Die Digitalkompetenz sei bei Leistungserbringern nicht größer als bei Patienten. „An den Krankenkassen allein kann es nicht liegen“, erklärte er. Nötig seien Aufklärungskampagnen und niedrigschwellige Informationen, „denn sie müssen bei allen Beteiligten ankommen“. Als Beispiel schlug er, kurze Erklär-TV-Spots vor der Tagesschau vor.
Ärzte, Apotheker und Pflegekräfte würden immer die ersten Ansprechpartner für die Patienten bleiben, betonte hingegen Marcel Weigand, auch bei knapper Zeit. Er sah im System durch die Digitalisierung noch Reserven für Effizienzsteigerungen. Beispielsweise müsse die „Zettelwirtschaft“ wegfallen, wegen der Patienten einmal im Quartal den Arzt aufsuchen und die Karte einstecken müssten, auch wenn sie seit Jahren dieselbe Medikation bekämen. „Wenn das aufhören würde, hätten wir auch nicht solche langen Wartezeiten für Arzttermine“, so seine Erwartung.
Moderatorin Ilka Dekan verwies auf die aktuelle Studie einer gesetzlichen Krankenkasse zum Thema Medikation, nach der zwischen vier und sieben Prozent der Krankenhauspatienten aufgrund von Polymedikation eingeliefert würden. Unter diesen Patienten seien auch Todesfälle zu beklagen. „Das wäre ein Mehrwert des E-Rezepts, wenn diese Fälle vermieden werden könnten“, sagte sie. Allerdings bezweifelte Langguth einen positiven Effekt durch das E-Rezept. „Wir werden nicht signifikant weniger Todesfälle sehen, fürchte ich, also null Prozent.“ Das Management unerwünschter Wechselwirkungen sei ein eigenes Themenfeld, das bestimmte prozessuale Anforderungen stelle. Natürlich spiele die Verordnung der Medikation dabei eine Rolle, aber in einem anderen Kontext als für die Ausstellung einer Urkunde, mit der Apotheke zur Abgabe berechtigt werde.
Janine Peine sah den Vorteil eines Medikationsplans in der ePA vor allem für die Apotheken, die mit ihren Patientinnen und Patienten in die Medikationsberatung gehen könnten. „Das wäre eine Chance für die Apotheken vor Ort, sich durch Beratung zu positionieren und durch Nähe das Vertrauen zu den Kunden aufzubauen.“ Britta Marquardt pflichtete ihr bei und betonte, dass Compliance und Adhärenz bei den Patienten durch die digitalen Prozesse gestärkt werden könnten. Allerdings vermisste sie, eine Erinnerungsfunktion in der App. „Das wäre eine Möglichkeit sicherzustellen, dass Medikamente tatsächlich so lange eingenommen werden, wie sie verordnet wurden.“
Marcel Weigand lenkte den Blick auf Daten und Vernetzung im europäischen Raum. „Ich möchte das erreichen, was die Länder um uns herum schon erreicht haben“, sagte er. „Rezepte aus diesen Ländern können bereits international eingereicht werden, und die ePA ist länderübergreifend einsehbar.“ Was in den Niederlanden, in Polen, Finnland und Spanien möglich sei, müsse auch hierzulande realisiert werden, zumal Deutschland nach dem Entwurf für den europäischen Datenschutzraum bereits im Jahr 2025 anschlussfähig sein müsste. Da gehe es sowohl darum, Gesundheitsdaten zu liefern, als auch Gesundheitsdaten primär zu nutzen. „Aber da sind wir noch lange nicht“, so Weigand. Das Problem sei, „dass wir fast immer nur in Einzelprozessen und Einzelanwendungen denken, aber nie in der ganzen Versorgungskette, so wie das beispielsweise in Skandinavien möglich ist“. Deutschland müsse von den Ländern lernen, die mit der Digitalisierung schon bedeutend weiter sind. Dadurch bestünde auch die Chance, die Nutzerorientierung tatsächlich umzusetzen. Es gehe darum, „einen Einklang zwischen den derzeit noch weitgehend analogen Versorgungsprozessen und den digitalen Anwendungen“ zu finden.
Langguth sah in der elektronischen Patientenakte und dem E-Rezept gute technische Grundlagen, die man nutzen und weiterentwickeln müsse. Für den Gesetzgebungsprozess wünschte er sich „eine stärkere Fokussierung auf die zu erreichenden Ziele und weniger auf die durchzuführenden Maßnahmen“. Sehr wichtig sei es beispielsweise, Fallback-Prozesse vorzusehen. „Wir müssen nicht nur den good case betrachten, sondern auch den worst case, denn technische Systeme können ausfallen.“ Deshalb müssten diese so konzipiert werden, dass sie auch in Notfällen funktionsfähig sind. Das sei derzeit noch nicht vorgesehen. „Wir sprechen von Versorgung, von Gesundheit und von Menschenleben“, betonte Langguth, „deshalb sollten wir viel Herzblut hineingeben, um diese Systeme robuster gegen Ausfälle zu machen.“
Carmen Brünig ist Expertin für Steuerberatung im Apothekenmarkt und bereichert mit ihrem Fachwissen die ETL-Gruppe. Durch Ihre langjährige Expertise und Erfahrung, kennt sie fachliche Besonderheiten des Apothekenmarktes wie kaum eine andere und leitet bei ETL ADVISION die Branchenspezialisierung für Apotheken. Neben der Beratung der ETL ADVISION Kanzleien, ist sie auch als Autorin und Referentin für die Bereiche Ausbildung und Fortbildung tätig.
Die studierte Juristin Britta Marquardt ist Assessorin beim Bundesverband Pharmazeutische Industrie. Als Mitglied der Geschäftsführung obliegt ihr die Geschäftsfeldleitung für Digitales Leistungsrecht, Medizinproduktrecht und den Krankenhausmarkt.
Marcel Weigand ist Leiter Kooperationen und digitale Transformation bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) sowie Digitalexperte und freier Berater. Er war als Dipl. Sprachheilpädagoge 1999 im ambulanten und stationären Bereich tätig. Weitere Stationen waren nach einem Studium der Angewandte Gesundheitswissenschaften u.a. der Gemeinsame Bundesausschuss und die Weisse Liste-Krankenhaussuche der Bertelsmann Stiftung. Er ist zertifizierter Auditor und Qualitätsmanagementbeauftragte (DGQ) und war vier Jahre Vorstand im Aktionsbündnis Patientensicherheit.
Mark Langguth ist eHealth-Experte mit einer umfangreichen Expertise in den Bereichen Telematikinfrasktrutur (TI), elektronische Patientenakte (ePA) und eRezept. Mit mehr als 18 Jahren Erfahrung unterstützt er Unternehmen bei der Konzeption, UX-Strategien und Umsetzung nutzerzentrierter, nachhaltiger Gesundheitsanwendungen.
Mit über 20 Jahren praktischer Erfahrung im Tagesgeschäft von Steuerkanzleien ist Janine Peine als Branchenexpertin für das Gesundheitswesen bei der Steuerberatungsgesellschaft ETL ADVISION tätig. Dabei steht sie aus der Berliner Zentrale den spezialisierten Partnerkanzleien in Deutschland in allen fachlichen und steuerrechtlichen Fragen zur Seite und ist mit den täglichen Herausforderungen der Gesundheitsunternehmer bestens vertraut. Gemeinsam mit der ETL-Gruppe wird Sie die Zukunft der Steuerberatung im Gesundheitswesen prägen.
Über 20 Jahre agierte Ilka Dekan bei der AOK PLUS in den verschiedensten Bereichen, zuletzt als CFO und Head of Digital Transformation. 2020 gehörte sie zu den nominierten Finalistinnen für den Digital Female Leader Award in der Kategorie Digitale Transformation. 2021 gewann sie den Award als Agilste Führungskraft im Rahmen des Agile Heroes Festival. Seit Mai 2021 ist sie Geschäftsführerin der INNO3 GmbH und initiiert mit ihrem Team Vorhaben, um Gesundheitsinnovationen schneller in den Markt zu bringen. Ihre langjährigen und vielseitigen Erfahrungen in der Gesundheitsbranche nutzt Sie, um Impulse zu setzen, Menschen zu verbinden und die Zukunft aktiv mitzugestalten.
Panel 3 – Das E-Rezept morgen
Impulsvortrag:
- Alexandra Bergmann (SVC, Wien)
Moderation:
- Ralf König (Apotheker und Vorstand E-Rezept-Enthusiasten e.V.)
Speaker:innen:
- Marek Rydzewski (Chief Digital Officer, BARMER)
- Reza Mazhari (Fachbereichsleiter eHealth und Digitalisierung in der Versorgung, Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen)
- Susan Niemeyer (Chief Transformation Officer, HMM Deutschland GmbH)
- Juliane Kresser (Referentin der Geschäftsführung, CGM LAUER)
Alexandra Bergmann, Projektleiterin beim Dachverband der österreichischen Sozialversicherung, gab einen Einblick in das E-Rezept-System in Österreich. Der Rollout wurde vor etwa einem Jahr abgeschlossen. Seitdem werden alle von den Krankenkassen erstatteten Medikamente als E-Rezepte ausgestellt, eingelöst und abgerechnet. Das E-Rezept wird im e-card-System betrieben, einem zentralen System mit redundanter Datenhaltung. Ärzte und weitere Gesundheitsdienstleister greifen über das Gesundheits-Informationsnetz auf das e-card-System zu, während die Versicherten eine spezielle e-card verwenden.
„Nahezu jeder der 9 Millionen Einwohner Österreichs hat eine aktive e-card“, berichtete Bergmann. Zwei Drittel dieser Karten sind bereits NFC-fähig. Die Umstellung der restlichen Karten erfolgt in den nächsten Monaten. Durchschnittlich werden in Österreich pro Monat etwa 5,7 Millionen E-Rezepte ausgestellt. Alle 1400 Apotheken in Österreich sind an das e-card-System angeschlossen.
Der Prozess der E-Rezepte in Österreich ist stark von der Softwareanbindung abhängig. Ärzten war anfangs oft gar nicht bewusst, dass sie bereits E-Rezepte ausstellten, da die Umstellung gut in die vorhandenen Arztsoftware-Module integriert wurde. Das Rezept wird in der Arztpraxis erstellt und als E-Rezept im e-card-System abgespeichert. In der Apotheke kann das E-Rezept entweder über die e-card oder über einen Ausdruck eingelöst werden. Eine App steht ebenfalls zur Verfügung, um auf die offenen E-Rezepte zuzugreifen.
Nachdem das E-Rezept in der Apotheke eingelöst wurde, werden alle abrechnungsrelevanten Daten elektronisch übermittelt. Papierbelege für die Krankenversicherungsträger sind nicht mehr nötig. Bei Abrechnungsdiskrepanzen steht den Versicherungsträgern ein spezielles Auskunftstool zur Verfügung, um die relevanten Rezeptdaten einzusehen. „Die elektronische Abrechnung erleichtert den Prozess und reduziert den Aufwand für Lagerkosten und Papier“, sagte Bergmann.
Ab dem 1. Juli 2023 wird die Suchtgiftvignette teilweise digitalisiert und im E-Rezept gekennzeichnet, privat zu zahlende Medikamente als E-Rezepte sollen folgen. Bis zum Jahr 2025 wird in Österreich die Umsetzung der e-prescription geplant, um die Einlösung von E-Rezepten auch im EU-Ausland zu ermöglichen.
Das 3. Panel von Expertinnen und Experten zum Thema „Das E-Rezept morgen“ moderierte Ralf König. Der Apotheker aus Nürnberg und Vereinsvorstand der E-Rezept-Enthusiasten e. V. eröffnete die Diskussion mit dem Hinweis auf den aktuell vorgestellten Referentenentwurf für das Digital-Gesetz und bemerkte, der „gesetzgeberische Wille“ sei darin schon zu erkennen. Jetzt stelle sich die Frage: „Wie geht es weiter? Was können wir in Zukunft vom E-Rezept und der Digitalisierung für die Versorgung erwarten?“
Das E-Rezept sei kein Solitär, sondern „ein Baustein in einem ganzen Puzzle von digitalen Neuerungen“, erklärte Dr. Juliane Kresser, Referentin der Geschäftsführung bei CGM LAUER. Es gehe nicht allein darum, ein Medikament zu verschreiben und abzugeben. Nicht nur die Logistik werde sich ändern, sondern das E-Rezept müsse mit seinen begleitenden Services betrachtet werden. Sie nannte als Beispiele die Themen Marktplatz und Lifetime-Gesundheitscoach. „Wir werden viele Daten sammeln und Erkenntnisse haben, die wir vorher in dieser Geschwindigkeit und Fülle nicht zur Verfügung hatten“, erwartete Kresser.
Reza Mazhari, Fachbereichsleiter eHealth und Digitalisierung in der Versorgung bei der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, ergänzte, es sei in der Ärzteschaft noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. „Bei der Digitalisierung denken viele unserer Mitglieder noch fälschlicherweise an die Telematik-Infrastruktur.“ Langsam setze sich die Erkenntnis durch, dass sie damit die Prozesse in der Versorgung für sich verbessern könnten, was letztlich auch den Patientinnen und Patienten zugutekäme.
Marek Rydzewski, Chief Digital Officer bei Barmer, betonte: „Digitalisierung an sich, im Sinne von Elektrifizierung, generiert nicht genug Mehrwert für unsere Versicherten.“ Er wolle erreichen, dass sich die Versicherten bei seiner Kasse gut betreut fühlten, „indem sie nur das tun müssen, was für sie notwendig ist“. Für Rydzewski lautet das Stichwort „Versorgungsoptimierung“. Aus seiner Sicht müssten mehr die Prozesse hinterfragt werden und weniger fertige Lösungen gesucht werden, die oft nur Ausschnitte abdeckten.
Als Beispiel nannte er „Erika“, eines der Projekte im Innovationsforum zum Thema Arzneimittel-Therapiesicherheit. Mit dem E-Rezept könnte im Moment der Verordnung sofort ein Arzneimittelcheck durchgeführt werden. Ein weiteres Beispiel sei die sogenannte Behandlungsgeschichte in der ePA, durch die Abrechnungsdaten der vorangegangenen drei Jahre für die Leistungserbringenden zugänglich gemacht würden. Rydzewski sagte, der „klare Mehrwert“ des E-Rezepts bestünde für ihn „in der Arzneimittel-Therapiesicherheit“.
Die Kunden bestimmten, erklärte Juliane Kresser, was für sie die komfortabelste und am besten am Service orientierte Lösung sei. „Couchfähig“ müsste sie im Krankheitsfall sein. An der Stelle biete das E-Rezept große Chancen für das Zusammenwirken von Patienten, Ärzten und Apotheken. Assistierte Telemedizin, Medikationsmanagement und Medikationsbegleitung könnten sich durch die digitalen Prozesse neu etablieren. „Es gibt völlig neue Wege in der Kommunikation mit dem Arzt oder der Apotheke“, erklärte sie, „der umfassende Blick zum Wohl des Patienten wird damit möglich.“
Eine fachgruppenübergreifende Zusammenarbeit begrüßte auch Reza Mazhari. Sie müsse aber klar geregelt sein, sodass keine Gruppe sich benachteiligt fühle. Bis Ende 2030 müsste die digitale Transformation so weit fortgeschritten sein, „dass der Patient sie gar nicht mehr bewusst wahrnimmt“. Es sei unbefriedigend, wenn Patienten 30 Kilometer fahren müssten, um ihre PIN-Card freizuschalten, wie es bisher noch der Fall sei. Die technische Reife vieler Prozesse fehle noch. Der Informationsstand müsse auf allen Ebenen verbessert werden. Deshalb komme der Kommunikation eine besondere Bedeutung zu. Auch die KV müsste „holistisch“ denken und ihre Mitglieder überzeugen, „dass diese Transformation kein Hype ist, sondern etwas, das alle umsetzen müssen, um ihrer Klientel gerecht zu werden“.
Oft fehle noch die Synchronisierung, räumte Marek Rydzewski ein. Das zeige sich, wenn Patienten versuchten, ein E-Rezept mit der eGK in der Apotheke einzulösen und dort erst erfahren würden, dass eine PIN dafür gebraucht würde. „Wir haben die vergangenen neun Monate nicht gut genutzt, uns auf diese eGK-Stecklösung vorzubereiten“, sagte er selbstkritisch. „Wenn Menschen von der Apotheke wieder nach Hause geschickt werden, sind die Erwartungen an das E-Rezept dahin.“
Rydzewski kritisierte auch das ärztliche Abrechnungssystem, das immer noch die Patienten zwinge, alle drei Monate „zum Karte stecken“ in die Praxis zu kommen. „Wenn die Versorgungsrealität stärker in Richtung digitaler Versorgungspfade geht, kann man das von Patienten nicht mehr verlangen.“
Mazhari räumte ein, das ärztliche Abrechnungssystem sei aus sehr alten Normen entstanden. Er sei aber nicht sicher, ob man derzeit daran rütteln sollte oder nicht. Dem hielt Rydzewski entgegen, man könne nicht davon ausgehen, „dass man im digitalen Zeitalter das alte System zu 100 Prozent übernehmen kann. Es wäre falsch, schlechte Prozesse zu digitalisieren.“ Digitalisierung führe auch zu Umverteilungen.
Das Thema wurde intensiv diskutiert. Moderator König bemerkte, es könne nicht sein, dass Ärzte schlechter honoriert würden, wenn sie auf digitale Prozesse umstellten. Reza Mazhari betonte, man müsse wegkommen vom Sanktionscharakter, der noch immer der Digitalisierung anhafte, denn das führe zu Müdigkeit bei den Leistungserbringern. Als Beispiel nannte er den Referentenentwurf zum neuen Digital-Gesetz, in dem mit „Verpflichtung“ gedroht würde. Wenn sich dagegen die Prozesse durch Digitalisierung spürbar verbesserten, würden Ärzte den Mehrwert auch akzeptieren, wenn er nicht vergütet würde. Das E-Rezept sei ja nur der Einstieg, ergänzte er, viele Innovationen würden folgen, und deshalb müsste im Gesundheitswesen mehr Bereitschaft vorhanden sein, „für diese Lösungen Geld zu investieren“. Beispielsweise habe es Doctolib geschafft, dass die Ärzte in das Buchungssystem investierten, weil sie von seinem Nutzen überzeugt seien.
Marek Rydzewski konstatierte ein „Mindset-Problem“ in der Gesundheitsbranche, „weil wir nicht weit genug denken und ein Stückweit zu perfektionistisch unterwegs sind. Wie solle man ein so großes System zum Laufen bringen, wenn man nicht bereit sei, es zu testen?“ Die Barmer jedenfalls investiere jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag in die ePA, auch wenn das System noch nicht perfekt sei. Dem zugrunde liege „das Commitment, dass die Welt nie mehr so sein wird wie vor zehn Jahren“. Jeder müsse sich bewegen, sagte Rydzewski, ansonsten „werden wir einen Vertrauensverlust in der Bevölkerung erleben, dessen Ausmaß wir heute nicht abschätzen können“.
Ärzte würden erst auf digitale Prozesse umstellen, wenn sie deren Nutzen im Praxisalltag spürten, erklärte Reza Mazhari: „Solange das Ausdrucken des Musters 16 immer noch schneller ist als das Erstellen eines digitalen Rezepts, wird sich kein Arzt darauf einlassen.“ Krankenkassen und KVen müssten an einem Strang ziehen und die Versicherten über die Vorteile aufklären. Er sei jedoch sicher, dass mit der eGK-Stecklösung die Wende komme.
Ralf König leitete über zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) in der Gesundheitsversorgung. Die KI sei eines der wesentlichen Elemente der digitalen Transformation, meinte Marek Rydzewski, „Das wird einfach kommen, weil wir Fachkräftemangel in allen Sektoren der Gesundheitsversorgung haben.“ Auch werde die reine Neugier der Versicherten dazu führen, dass sie sich damit beschäftigten. Dadurch könnten sich die Machtverhältnisse verschieben, prognostizierte Rydzewski. „Durch die neuen Technologien erhalten Patienten mehr ‚Empowerment‘, eine Herausforderung für uns alle – Ärzte, Apotheker, Krankenkassen.“ Man müsse Antworten darauf finden und die KI in das eigene Geschäftsmodell integrieren.
Auch Reza Mazhari erwartete „besser informierte Patienten“ durch die Ausbreitung von KI-Systemen. „Der Arzt wird 2030 nur noch konsultiert werden, wenn es wirklich brennt. Videosprechstunde, Telemedizin, Verordnungen werden so automatisiert sein, dass der Patient sich seine Dienstleistungen beim Arzt aussuchen kann“. Das sei auch eine Chance, dem künftigen Ärztemangel zu begegnen.
In der betriebswirtschaftlichen und pharmazeutischen Optimierung werde KI eine überwältigende Rolle spielen, kündigte Juliane Kresser an. Je mehr Daten intelligent verknüpft werden könnten, desto besser könne man beispielsweise Beratungsschwerpunkte oder Cluster bei Patientengruppen erkennen.
Die Zahl der Krankenkassen werde bis zum Jahr 2030 abnehmen, bemerkte Marek Rydzewski, „denn um mit dem technologischen Fortschritt mitzuhalten, braucht man andere Mittel, als sie den Kassen heute zur Verfügung stehen“. Es könne möglicherweise auch Einschnitte in den Leistungsspektren oder Verschiebungen in andere Kanäle geben, zum Beispiel in Richtung Telemedizin. Mit den neuen Techniken kämen neue, mächtige Player in den Markt. Die größten Konkurrenten seien dann die Technologiekonzerne mit ihren nahezu unbegrenzten Budgets. Auch andere Sektoren müssten sich darauf einstellen.
Ralf König beendete die Diskussion mit dem Appell, das Thema Digitalisierung gemeinsam anzugehen. „Für ein Gegeneinander fehlen uns die Energie und das Geld“, meinte er. „Gemeinsam werden wir es sogar in Deutschland schaffen, pragmatisch eine digitalere Zukunft zu haben, als wir es die letzten 20 Jahre erlebt haben.“
Dr. Juliane Kresser ist approbierte Apothekerin und seit 2020 in der Position der Referentin der Geschäftsführung bei CGM LAUER tätig. Damit ist sie Aushängeschild für einen der wegweisenden Pioniere für Software- und Hardwarelösungen am deutschen Apothekenmarkt.
Susann Niemeyer ist seit Oktober 2022 Chief Transformation Officer der HMM Deutschland GmbH. Zudem ist sie Mitglied bei Healthcare Frauen e.V., Spitzenfrauen Gesundheit e.V., 10xD sowie Mission Female. Gemeinsam mit Cornelia Wanke veröffentlichte sie 2022 das Buch „Mission Possible – Gemeinsam für Gleichberechtigung.“
Seit 2023 ist Digitalisierungsenthusiast Reza Mazhari Fachbereichsleiter eHealth und Digitalisierung in der Versorgung bei der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen. Er verfügt über Expertise für den Einsatz von eHealth im Kontext der stationären und ambulanten Versorgung, TI und TI-Anwendungen, Intersektorale Digitalisierung und Einführung neuer Technologien anhand partizipativer Methoden. Außerdem ist er Mitglied beim Deutschen Institut für Pflegeforschung (DIP) und bei der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP).
Als Chief Digital Officer ist Marek Rydzewski Verantwortlicher für die Digitalstrategie und den Transformationsprozess bei der BARMER. Er verfügt über Expertise in den Bereichen Digitalisierung, Kundenservice, Versicherung, Vertrieb und Versorgungsmanagement.
Ralf König ist Apotheker aus Nürnberg, Vorsitzender des E-Rezept-Enthusiasten e.V. und Experte für Digitalisierung im Gesundheitswesen. Bis Ende 2021 beriet er im hih (health Innovation hub) das Bundesministerium für Gesundheit in Digitalisierungsfragen.
Panel 4 – Politikperspektiven
Impulsvortrag:
- Oliver Schenk (Staatsminister und Chef der Staatskanzlei, Vertretung des Freistaates Sachsen beim Bund)
Moderation:
- Gudrun Kreutner (Kommunikationsberaterin)
Speaker:innen:
- Maximilian Funke-Kaiser (Digitalpolitischer Sprecher der FDP)
- Erwin Rüddel (Berichterstatter für Digitalisierung im Gesundheitswesen, CDU/CSU-Bundestagsfraktion)
- Dr. Florian Hartge (Chief Production Officer bei gematik GmbH)
- Marcel Böttcher (Abteilungsleiter Digitale Versorgung & Prävention, BARMER)
- Anja Klauke (Geschäftsfeldleiterin Selbstmedikation/OTC, Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V.)
Als Pre-Event des 4. E-Rezept Summits veranstaltete scanacs am 23. Mai 2023 einen Parlamentarischer Abend in Berlin. Unter der Schirmherrschaft der Vertretung des Freistaates Sachsen beim Bund lud scanacs zum Austausch über den aktuellen Stand des E-Rezepts ein. Ausschnitte der Diskussion sowie die Begrüßung durch Staatsminister Schenk wurden als Impuls zum E-Rezept Summit eingespielt.
Der sächsische Staatsminister Oliver Schenk (CDU) bekräftigte in seiner Keynote die zentrale Herausforderung der Digitalisierung im Gesundheitswesen und ihre Bedeutung für eine bessere medizinische Versorgung. Er begrüßte die Initiative von scanacs und seinem innovativen Lösungsansatz für die Digitalisierung der Rezeptabrechnung. Nicht zuletzt war scanacs für den sächsischen Innovationspreis 2021 nominiert. Schenk verwies auf das besondere Umfeld für erfolgreiche langjährige wirtschaftliche Entwicklungen im Freistaat Sachsen am Beispiel der Entwicklungen im Bereich der Mikroelektronik. Für ihn hat die Digitalisierung bereits alle Lebensbereiche erreicht. Er erwartet einen Wertewandel in Bezug auf Gesundheit und die Chancen, die sich durch die Digitalisierung für aufgeklärte Patienten ergeben können. Auch werde wissenschaftlicher Fortschritt durch KI und Big Data in der Medizin stark beschleunigt. Diese Chancen und Hoffnungen, die sich aus der Digitalisierung ergeben, müssten aktiv genutzt und kommuniziert werden. Schenk kritisierte die Bedenken und Diskussionen in Bezug auf den Datenschutz und betonte die Notwendigkeit einer digitalen Agenda, die die Interessen der Patienten und Nutzer berücksichtigt.
In der Diskussionsrunde mit Maximilian Funke-Kaiser (Digitalpolitischer Sprecher der FDP), Erwin Rüddel (Berichterstatter für Digitalisierung im Gesundheitswesen, CDU/CSU-Bundestagsfraktion), Dr. Florian Hartge (CPO, gematik GmbH), Marcel Böttcher (Abteilungsleiter Digitale Versorgung & Prävention, BARMER) und Anja Klauke (Geschäftsfeldleiterin Selbstmedikation/OTC, BPI e.V.) unter der Moderation von Gudrun Kreutner äußerten sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer positiv zu einer künftig breiteren Nutzung des E-Rezepts und des eGK-Verfahrens. Hartge bestätigte, dass der Einsatz des E-Rezepts stetig zunimmt, und wertete es als Erfolg, dass keine Nutzer in der zweijährigen Pilotphase verloren gegangen waren. Eine Herausforderung sei die Kommunikation über den Einsatz bei den Versicherten. „Das E-Rezept ist auch ein erster Schritt zu verwertbaren Daten“.
Dieser Gedanke wurde vom Vertreter der Krankenkassen Marcel Böttcher stark unterstützt. „Wenn wir über Digitalisierung sprechen, denken wir in Strukturen, in Problemen, Hürden und Akteuren. Dahinter stehen jedoch Menschen“, so Böttcher. Laut BARMER sterben pro Jahr 65 bis 75.000 Menschen durch mangelndes Management im Bereich Polypharmazie. Der Aufwand im Krankenhaus durch die fehlenden Medikamentendaten der Versicherten, der Aufwand bei Pflegerinnen und Pflegern, bei Krankenschwestern und Ärzten beträgt im Schnitt 20 Minuten pro Patient, also 3,4 Millionen Stunden pro Jahr oder 2.000 Vollzeitstellen. Das sei Qualität, die verloren geht, das seien unnötige Kosten, an denen eine Krankenkasse natürlich ein veritables Interesse habe. Diesen Strukturen stehen auf der anderen Seite ganz klar die Bedürfnisse der Versicherten gegenüber. Das E-Rezept sei kein Muster 16-Ersatz, sondern Teil eines voll digitalen Prozesses, Ende zu Ende digital. Damit die Versicherten genau das erleben, was sie in ihrem Alltag sonst erleben: Digitalisierung – auch im Bereich Gesundheitswesen.
Böttcher betonte, für ihn mache das E-Rezept nur als Teil einer eGK Sinn. Damit könnten erstmals strukturierte Daten erhoben werden, die eine langfristige Verbesserung der Versorgung von Versicherten ermöglichen würden. Bisher sähen weder Arzt- noch Krankenhaussysteme (PVS/KIS) eine Datenverarbeitung vor. Böttcher bestätigte, dass sich die Barmer aktiv in die Kommunikation zum E-Rezept einbringen werde. Entscheidend seien Planbarkeit und Transparenz des E-Rezepts für die pharmazeutische Industrie.
Anja Klauke bezeichnete die umgehende Einbeziehung aller Rezept-Typen sowie die Bestellprozesse für Heil- und Hilfsmittel als entscheidend für den raschen Erfolg des E-Rezepts. „Im Grunde muss alles hinein, was irgendwo in die Verordnung kommt, auch das grüne Rezept. Der Bereich Selbstmedikation muss auch mitgenommen werden. Ärzte werden nicht länger ihre Rezeptblöcke zücken wollen, wenn sie mit E-Rezepten in der Praxis starten“.
Erwin Rüddel als langjähriger Begleiter der E-Rezepteinführung sah die bisherigen Datenschutzprobleme als Hindernis für die schleppende Digitalisierung und forderte eine Lösung dieser Probleme, um die Dynamik der Digitalisierung voranzutreiben. Er betonte die Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung für die achtzehn Datenschutzbehörden in Deutschland, um die Entwicklung der Digitalisierung nicht zu blockieren. Eine Lösung sah er in der Etablierung von Schwerpunkt-Datenschutzbehörden, vergleichbar den Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften oder Ethikkommissionen, die für alle entscheiden können. In Bezug auf die Ärzteschaft mahnte Rüddel stärkere Bereitschaft zur Transparenz und Engagement an. Er könne sich auch eine Bonus- oder Malusregelung vorstellen, wenn es um die verpflichtende Einführung des E-Rezepts gehe.
Dem widersprach Maximilian Funke-Kaiser: „Mein persönlicher Anspruch ist, dass wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen so machen, dass es gut wird“. Digitalpolitik und Digitalisierung generell sollten zunächst keinen Mehraufwand bedeuten, sondern zur Effizienzsteigerung führen. Das sei sehr wichtig. Dabei spielten auch einheitliche Standards, effiziente Strukturen und intelligente Vernetzung eine Rolle. Die Infrastruktur als solche scheine aktuell dafür nicht gut ausgelegt zu sein. „Erst wenn wir ein System etablieren, aus dem die Ärzte in der Praxis einen direkten Nutzen ziehen, werden sie das selber nutzen können“, erklärte Funke-Kaiser.
Man müsse dafür sorgen, dass sich das E-Rezept und die eGK in den Alltag der Menschen integrieren lasse und in der Praxis Vorteile biete. Umständliche Login-Verfahren oder Wechsel in unterschiedliche Apps erschwerten die Akzeptanz in der Fläche. Auch verschiedene Authentifizierungsmethoden sollten möglich sein, um den Zugriff auf E-Rezepte und die ePA zu erleichtern. Ausschlaggebend für die breite Anwendung sei die Nutzerfreundlichkeit. Funke-Kaiser warnte davor, künftig Daten nur einfach in den Apps als Information abzulegen. Er halte die Schaffung eines persönlichen Gesundheitsdatenraums inklusive E-Rezept und Medikationsplan für wesentlich.
Marcel Böttcher betonte die Notwendigkeit, verschiedene Anwendungen in einer zentralen App zu bündeln und Datenstandards zu vereinheitlichen. Die Nutzung der Gesundheitsdaten aus der ePA könnten zur Verbesserung des Gesundheitswesens führen. So werde erwartet, dass die potenziellen Vorteile der Analyse von Gesundheitsdaten und einer daraus folgenden frühzeitigen Beratung zur Förderung eines gesundheitsbewussten Verhaltens beitragen könnten. Allerdings, so Maximilian Funke-Kaiser, seien Nutzerfreundlichkeit, Interoperabilität und einheitliche Standards ebenso wesentlich wie die Notwendigkeit datenbasierter ePAs und die Einbindung von künstlicher Intelligenz und Datenauswertung, um die Digitalisierung erfolgreich umzusetzen.
Abschließend gingen alle Diskutanten weiterhin davon aus, dass das E-Rezept in Deutschland eingeführt wird, sofern die verschiedenen Akteure zusammenarbeiten, um den Prozess erfolgreich voranzutreiben. Böttcher: „Alle Beteiligten haben einen Vorteil von diesem System. Es funktioniert also für die Versicherten, die Arztpraxen, die Kassen, die Apotheken.“
Impressionen 4. E-Rezept Summit
Unterstützer & Sponsoren
Wir bedanken uns bei allen Sponsoren und Unterstützern, die zum Erfolg dieses Veranstaltungsformats beigetragen haben. Auch dank Ihnen war es uns 2023 möglich, das Vor-Ort-Erlebnis zum 4. E-Rezept Summit auszubauen.
ETL ADVISION ist die spezialisierte Steuer- und Wirtschaftsberatung speziell für Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Pflegedienste, Therapeuten sowie Heil- und Hilfsmittelerbringer. Für Ihre Mandanten übernimmt ETL ADVISION nicht nur die Erstellung von Buchführung, Jahresabschluss und Steuererklärungen, sondern sind Ansprechpartner rund um alle wirtschaftlichen und strategischen Themen des Gesundheitsunternehmers. Als Teil der international agierenden ETL-Gruppe, kann ADVISION zusätzlich auf das Expertenwissen deren Partner aus den Bereichen Recht, Wirtschaftsprüfung, Unternehmensberatung und Finanzen zurückgreifen.
Seit 1950 gehört CGM Lauer zu den Pionieren für Software- und Hardwarelösungen am deutschen Apothekenmarkt. Von Apothekenorganisation über Kundenbindung, bis hin zur Apothekenführung – die Lösungen von CGM unterstützen Apotheken bei sämtlichen Prozessen und vereinfachen so den Apothekenalltag in vielen Bereichen. Um sowohl das E-Rezept als auch andere Mehrwertanwendungen der Telematikinfrastruktur nutzen zu können, bietet der Softwarehersteller passende Pakete für die individuellen Bedürfnisse der Apotheken an und ist damit längst bereit für die Einführung des E-Rezeptes in Deutschland.
Als Managed Service Provider im IT-Markt der gesetzlichen Krankenversicherung treibt BITMARCK die Digitalisierung in der Branche und bei seinen Kunden mit innovativen Produkten, Lösungen und Services voran. Grundlage hierfür ist der GKV-Softwarestandard BITMARCK_21c|ng, der bei den angeschlossenen Krankenkassen im Einsatz ist. Kunden der Unternehmensgruppe sind die Betriebs- und Innungskrankenkassen sowie die DAK-Gesundheit und weitere Ersatzkassen – über 30.000 Mitarbeiter und rund 25 Millionen Versicherte in der GKV profitieren von den IT-Dienstleistungen von BITMARCK, mehr als 80 Prozent der deutschen gesetzlichen Krankenkassen sind Kunden der Unternehmensgruppe.
spectrumK ist ein führender Partner der GKV und gestaltet die Zukunft und Gegenwart der Versorgung aktiv mit. Insgesamt vertrauen über 90 Prozent der gesetzlichen Krankenkassen auf die Leistungen und die Qualität von spectrumK. Das umfangreiche Portfolio von spectrumK umfasst intelligente Dienstleistungen für die Bereiche Arzneimittel, Abrechnung und Prüfung, Hilfsmittel, Versorgung, Pflege, Recht und Vergabe und Versorgungsforschung. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von digitalen Lösungen für ein zukunftsgerechtes Gesundheitssystem. In enger Kooperation mit scancas vernetzen wir die GKV und die Apotheken. Gemeinsam treiben wir Innovationen rund um die elektronische Rezeptabrechnung voran.
Als größte deutsche Innungskrankenkasse nimmt die IKK classic die Gesundheit von über 3 Millionen Menschen und knapp 403.000 Firmenkunden in die Hand. Mit über 6.700 Mitarbeitenden an 160 Standorten gestaltet die IKK classic die Gesundheit von morgen und ist dabei weit mehr als nur eine Krankenkasse. Seit dem 01. Februar 2022 ist die IKK classic starker Partner von scanacs und setzt damit ein Zeichen für die Digitalisierung im Gesundheitswesen.
Die Schlehen-Apotheke ist seit 1992 ein etabliertes Gesundheitsunternehmen mit mittlerweile über 70 Mitarbeitern. Zum Portfolio der Schlehen OHG gehört, neben Krankenhausversorgung und Versandhandel, auch die Sterilherstellung. Durch individuelle Infusionstherapien, richtet sich das Beratungs- und Betreuungsangebot der Apotheke auch an Krebspatienten und deren Angehörige. Als Partner von scanacs ist der E-Rezept Pionier bereits Vorreiter in Sachen E-Rezept und setzt damit ein Zeichen für die Digitalisierung im Gesundheitswesen.
Seit über 70 Jahren setzt sich der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie dafür ein, dass Patient:innen eine Vielfalt an hochwertigen Arzneimitteln zur Verfügung steht. Die Grundlage dafür bietet eine leistungsfähige Pharmaindustrie in Deutschland und Europa, für welche sich der BPI als Interessenvertretung für mehr als 270 Mitgliedsunternehmen stark macht. Als anerkannte Partner für Politik, Öffentlichkeit, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft setzt sich der BPI auch für die Digitalisierung des Gesundheitswesens ein und erarbeitet Lösungsvorschläge aus Sicht der industriellen Gesundheitswirtschaft.
KNAPP Smart Solutions ist eine Tochterfirma der KNAPP AG, einem Technologieunternehmen, welches Systeme für die Lagerautomation entwickelt und realisiert sowie Lagerlogistik-Software für die gesamte Lieferkette der Pharmaindustrie liefert. Durch die Vielfalt ihrer Apostore Automatenmodelle und digitalen Produkte bieten sie passende Lösungen, welche individuell auf die Anforderungen von Apotheken zugeschnitten werden. Durch ihr starkes Technologieportfolio, ihre Branchenkenntnis und Lösungskompetenz, gehört KNAPP zu den führenden Anbietern für Intralogistik und Lagerautomation für verschiedenste Branchen.
Die gematik trägt die Gesamtverantwortung für die Telematikinfrastruktur (TI), die zentrale Plattform für digitale Anwendungen im deutschen Gesundheitswesen. Mit der Definition und Durchsetzung verbindlicher Standards für Dienste, Komponenten und Anwendungen in der TI gewährleistet die gematik, dass diese zentrale Infrastruktur sicher, leistungsfähig und nutzerfreundlich ist und bleibt
Mit inzwischen über 340 Mitarbeitenden bietet pro:med sowohl in Sachsen und Thüringen als nun auch in Brandenburg, vom Spreewald bis kurz vor Berlin sowie bis nach Wittenberg an die Grenze von Sachsen – Anhalt, Hilfe in besonderen Pflegesituationen, beispielsweise nach einem Unfall oder bei einer schweren Erkrankung. Ziel von pro:med ist es, ihren Patient:innen – getreu dem Leitspruch „ambulant vor stationär“ – schnell wieder ein weitgehend selbstbestimmtes Leben in ihrem Zuhause zu ermöglichen. Dazu verbindet die Firma mit dem pro:med Netzwerk drei entscheidende Unternehmensbereiche und schafft ein hilfreiches und effizientes Netzwerk zwischen Patienten, Ärzten, Praxen und Apotheken.
Seit drei Jahrzehnten trägt das Unternehmen – als Marktführer – maßgeblich zur Digitalisierung des Gesundheitswesens bei. Zu ihrem Portfolio gehören eHealth-Kartenterminals und Apps sowie Mehrwertanwendungen für das deutsche Gesundheitswesen. Die Produkte richtet das Unternehmen dabei konsequent an den Bedürfnissen der Leistungserbringenden aus. Dabei orientiert sich Worldline Healthcare an den hohen Sicherheitsstandards der gematik für die Telematikinfrastruktur. Ihr Ziel: Einfachste Bedienung, hundertprozentige Zuverlässigkeit und sichere Datenverarbeitung.
Die Firma CHERRY mit Hauptsitz in Deutschland ist ein weltweit führender Hersteller von Computer-Eingabegeräten mit Schwerpunkt auf Office, Gaming, Industry, Security, eHealth-Lösungen sowie Switches für mechanische Tastaturen.
Ziel der E-Rezept-Enthusiasten ist es, die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzubringen. Dabei setzt der Verein insbesondere auf das E-Rezept: Es hat das Potenzial zum Digitalisierungsturbo für das deutsche Gesundheitssystem zu werden. Bisher bleiben die zahlreichen Vorteile des E-Rezepts für Patient:innen, Arztpraxen, Zahnarztpraxen und Apotheken ungenutzt. Als gemeinnützige Initiative verstehen sie sich als enthusiastische Aufklärer: Die Mitglieder sind überzeugte Ärzt:innen, Apotheker:innen, Vertreter:innen aus Patientenorganisationen, Digital-, IT- und Medienunternehmen.
Seit über 125 Jahren und an 28 Standorten mit mehr als 800 Mitarbeitenden ist die Audi BKK als gesetzliche Krankenversicherung für die Gesundheit ihrer Kund:innen im Einsatz. Mittlerweile vertraut der Krankenkasse über 750.000 Versicherte (Stand Januar 2023) in ganz Deutschland.
Delfi Technologies wurde 1988 gegründet und ist ein europäischer Anbieter von Software-Lösungen, der auf die Bereiche Elektronische Preisauszeichnung, Handbediengeräte, POS-Lösungen und Drucklösungen spezialisiert ist.
RISE begleitet den Aufbau der Telematikinfrastruktur seit Beginn an und verfügt dadurch über jahrelange Erfahrung im deutschen Gesundheitswesen. Das umfangreiche Produktportfolio von RISE erstreckt sich dabei über TI-Lösungen wie Konnektor, TI as a Service, Highspeed-Konnektoren, TI-Gateway, die elektronische Patientenakte, ePA+, KIM- und TIM-Kommunikation sowie IDP. Mit kompetenter Beratung bedient RISE alle Akteure im Gesundheitswesen von Leistungserbringern bis zu Primärsystemherstellern.
Die Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft ist ein namhafter Fachverlag für Medizin, Management und Gesellschaft. Programmschwerpunkte liegen im Health Care Management, Krankenhaus- und Versorgungsmanagement sowie in den Fachgebieten Anästhesie, Intensiv-, Notfall- und Schmerzmedizin. Zudem ist der Verlag in den Themengebieten Psychiatrie und Psychotherapie (mit einem besonderen Fokus auf der Forensischen Psychiatrie) aktiv.
Infermedica ist ein führendes digitales Gesundheitsunternehmen, das sich auf KI-gestützte Lösungen für die Symptomanalyse und Patiententriage spezialisiert hat.