Die Apotheken in Deutschland stehen unter wirtschaftlichem Dauerstress. Die Kombination aus Hochpreiser-Verordnungen, langen Zahlungswegen und wachsenden regulatorischen Anforderungen macht vielen Betrieben zu schaffen – besonders den Inhaber:innen kleinerer Vor-Ort-Apotheken.
In ihrer jüngsten Stellungnahme zur Apothekenreform spricht die ABDA eine lang bekannte Forderung erneut aus – tägliche Abrechnungen von E-Rezepten. Das Ziel: mehr Liquidität, weniger Vorfinanzierung, bessere Versorgungssicherheit.
Die Zahlen sprechen für sich: Apotheken gehen wochenlang in Vorleistung
Zwischen der Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels und dem tatsächlichen Geldeingang können in deutschen Apotheken aktuell mehrere Wochen vergehen. Diese Zeitspanne stellt für viele Betriebe eine ernstzunehmende wirtschaftliche Belastung dar. Insbesondere bei hochpreisigen Arzneimitteln, die mittlerweile mehr als 40 Prozent des Rx-Umsatzes zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen ausmachen, führt diese Verzögerung zu gravierenden Liquiditätsengpässen.
Die Folge: Apotheken müssen größere Summen vorfinanzieren, während die Vergütung stabil bleibt und sich die wirtschaftlichen Spielräume zunehmend verengen. Wird zum Beispiel ein Arzneimittel mit einem Abgabepreis von 100.000 Euro geliefert, bedeutet dies – bei einem Zahlungsziel von 10 Tagen und einer tatsächlichen Wartezeit von 37 Tagen – eine Finanzierungslücke von 27 Tagen. Für diese Zeit entstehen laut aktuellen Berichten bei marktüblichen Zinssätzen Finanzierungskosten von über 1.000 Euro – und das pro Abgabe.
Solche Beträge zeigen, wie stark Apotheken wirtschaftlich unter Druck geraten, wenn die Zeit zwischen Leistungserbringung und Zahlung zu lang ist. Einige Apotheken verzichten bewusst darauf, bestimmte Medikamente überhaupt zu bestellen – aus Angst vor Liquiditätsengpässen oder Retaxationen. Das hat direkte Auswirkungen auf die Versorgung chronisch kranker oder multimorbider Patient:innen.
ABDA fordert tägliche E-Rezept-Abrechnung – die technischen Grundlagen existieren
In der offiziellen Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMG heißt es klar: „Eine tägliche Abrechnung von E-Rezepten durch Apotheken ist zu ermöglichen“.
Die Forderung zielt auf eine Entlastung der Apothekenbetriebe ab – gerade angesichts wachsender Zahlungsverpflichtungen und sinkender Vergütungsanteile. Die ABDA sieht die technischen Voraussetzungen bereits als gegeben: Das E-Rezept ist flächendeckend eingeführt, viele Apotheken nutzen digitale Tools – doch die Abrechnungslogik stammt noch aus analogen Zeiten.
Wie digitale Direktabrechnung die Situation verändern kann
Ein Paradigmenwechsel in der Abrechnung könnte helfen, die wirtschaftliche Lage vieler Apotheken spürbar zu verbessern. Digitale Plattformen ermöglichen es heute bereits, E-Rezepte automatisiert, sicher und schneller direkt mit den Krankenkassen abzurechnen – ohne den Umweg über Rechenzentren oder pauschale Abschlagszahlungen.
Dabei geht es nicht nur um schnellere Auszahlung, sondern auch um:
- Mehr Transparenz in der Forderungsabwicklung
- Sicherheit durch revisionsfeste Prozesse und elektronische Belege
- Reduzierung des Retaxrisikos durch integrierte Prüfmechanismen
- Planbare Liquidität – unabhängig von Rezeptwert und Kassenzugehörigkeit
Einige dieser Systeme arbeiten bereits in der Praxis – mit wachsender Nutzerzahl und positiver Resonanz aus der Apothekenlandschaft. Besonders für Apotheken mit hohem Anteil an Hochpreisern oder mit Spezialisierung auf bestimmte Indikationen (Onkologie, HIV, Rheuma etc.) kann das eine entscheidende Entlastung sein.
Was Apotheken jetzt tun können – und warum der richtige Zeitpunkt gekommen ist
Die Apothekenreform schafft ein politisches Momentum – doch echte Veränderung braucht Mut zur Entscheidung. Für viele Betriebe lohnt sich ein Blick auf bestehende Abrechnungsverträge, Kündigungsfristen und technische Möglichkeiten. Wer bis Ende 2025 plant und umstellt, kann ab 2026 mit kürzeren Abrechnungszyklen, gesicherter Liquidität und moderner Infrastruktur arbeiten.
Die ABDA hat mit ihrer Forderung nach täglicher Rezeptabrechnung einen Nerv getroffen. Apotheken brauchen kein weiteres Bürokratiemonster – sondern konkrete, funktionierende Prozesse, die schnelle Auszahlungen ermöglichen und finanzielle Sicherheit schaffen.
Digitale Direktabrechnung in Echtzeit ist keine Zukunftsvision, sondern heute machbar. Apotheken, die diesen Weg gehen, können sich nicht nur wirtschaftlich stabilisieren, sondern auch ihre Versorgungsrolle wieder voll ausfüllen – ohne Angst vor Retaxationen oder Liquiditätsengpässen.