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Die Interessenkonflikte der Apothekerverbände

Ein Kommentar von Frank Böhme

Die seit dem 1. August 2025 in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern geltenden Bestimmungen zur Abrechnung von Apotheken gegenüber Krankenkassen werfen die Frage nach den Interessen der Verhandlungspartner auf Seiten der Verbände auf. Einige Regelungen scheinen den Bedürfnissen vieler Mitglieder aus den Reihen der Apothekerschaft zu widersprechen.

Aus dem Vertragstext ergeben sich beispielsweise folgende Konsequenzen:

  • Die Apotheke wird gezwungen, Papier und E-Rezepte gemeinsam abzurechnen. So wird der Nutzen des E-Rezeptes, z.B. durch eine schnellere Abrechnung, zunichte gemacht.
  • Juristisch bleibt die Direktabrechnung bestehen, wird jedoch mit so hohen technischen und organisatorischen Hürden versehen, dass sie für die einzelne Apotheke nahezu unmöglich wird. Wo ist hier noch die Wahlfreiheit zwischen Direktabrechnung und Abrechnung über ein Rechenzentrum?
  • Die Verschiebung der verkürzten Abrechnung bis zum 31.07.2026 verhindert eine zeitnahe Verbesserung der Liquidität in den Apotheken. Vorfinanzierungskosten bleiben bestehen. Warum verzögert man diesen Vorteil für Apotheken?

Es drängt sich die Vermutung auf, dass die Standesvertretung, anders als propagiert, hiermit den Fortschritt verhindert und den Status quo versucht festzuschreiben. Das ist das Gegenteil von flexiblen Abrechnungsmöglichkeiten, schnellerer Bezahlung, besserer Liquidität und geringeren Finanzierungskosten.

Vielleicht besteht doch kein ernsthaftes Interesse, die Situation entscheidend zugunsten der eigenen Mitglieder zu verbessern?

Nahezu alle Apothekerverbände sind in unterschiedlicher Weise an Apothekenrechenzentren beteiligt, in Berlin sogar zu 100 %.

Wenn die gleichen Personen, die wesentliche Rollen bei den verbandseigenen Abrechnungsunternehmen innehaben auch die Verhandlungen mit den Krankenkassen zu den Arzneimittellieferverträgen führen, so liegt der Verdacht nahe, dass das eigene Geschäftsmodell geschützt werden soll und die Interessen der Apotheken ins Hintertreffen geraten.

Unzweifelhaft stellen sich hier massive Interessenskonflikte ein, wenn beide Aufgaben ernst genommen werden.

Im Nordosten stellen sich daher unter anderem konkret folgende Fragen:

  • Wer hat seitens des Apothekerverbandes Berlin mit der AOK Nordost über die Anpassung der Abrechnungsbestimmungen des Arzneiliefervertrages Berlin verhandelt?
  • Besteht beim Apothekerverband Berlin eine direkte oder indirekte Beteiligung an, oder eine persönliche Verbindung von Vorstandsmitgliedern mit einem oder mehreren Apothekenrechenzentren? Falls ja: Wurden die Verhandlungen mit der AOK Nordost durch diese Verbindung beeinflusst?
  • Aus welchem Grund blockiert der Apothekerverband die Einführung neuer technologischer Entwicklungen bei der Abrechnung? Insbesondere: Weshalb werden in der angepassten Vereinbarung die parallele Nutzung der Direktabrechnung und die Abrechnung über ein Rechenzentrum verhindert?
  • Warum werden die Vorteile des eRezeptes und der elektronischen Abrechnung verhindert?
  • Weshalb wurde die mehrmalige Abrechnung innerhalb eines Monats erst zum 01.08.2026 eingeführt und bis dahin die monatliche Rechnungsstellung beibehalten?

Wir diskutieren seit Jahren über die Digitalisierung im Gesundheitswesen und die Verschlankung von Prozessen. Eine Verpflichtung, die ebenfalls für die Apothekerverbände gilt. Das riesige Potenzial zugunsten der Apotheken zu heben, sollte für die Standesvertretung verpflichtend sein.

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Warum es in unserem Gesundheitswesen keinen Fortschritt gibt! Ein Beispiel aus dem Nordosten.